Hans Rott - CD-Rezension

von

Steve Vasta


Aktualisiert am
4. März 2018
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Internationale Hans Rott Gesellschaft
 
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Wie sanftes Blätterrauschen im Wald, von ruhigen Flöten begleitet, eröffnet ein Violin-Arpeggio Hans Rotts frühe - und bis zum CD-Zeitalter unerforschte - Symphonie. Durch diese angedeutete Landschaft ruft leise eine Solotrompete, Fanfarentöne mischen sich in ihr breites, lyrisches Thema; ein tröstendes Horn antwortet. Über orgelgleich absteigenden Bässen baut sich der Orchesterklang in Schichten unerbittlich zu einem Tutti-Höhepunkt auf und weicht verklingend dem zweiten Thema, einem fließend wogenden Holzbläser-Choral.
     Mit einer Posaune, die geheimnisvoll das Eröffnungsmotiv intoniert, beginnt die Durchführung. Klarinetten und Fagotte nehmen das Motiv in einem Spielzeugmarsch auf, der sich in ein Orchester-Fugato weiterverwandelt. Das zweite Thema erscheint unerwartet erneut als ruhiger Blechbläser-Choral, den das Horn in eine knappe, rätselhafte Passage überleitet. Lebhafte Streicher-Pizzicatos nehmen wiederum das Motiv auf und begleiten damit eine Trompete, die das erste Thema neu formuliert. Triolen treiben Tempo und Spannung an; die Entwicklung erreicht ihren feierlichen Höhepunkt mit der Wiederkehr des Hauptthemas als stolze Tutti-Hymne. Rott rundet den Satz geschickt ab, indem er das anscheinend vergessene zweite Thema in die Coda aufnimmt.
     Ein sanfter A-Dur-Akkord für volles Orchester ohne Schlaginstrumente leitetet das Sehr langsam ein. Das Hauptthema, ein Streicher-Choral im Dreivierteltakt, beginnt ruhig und ehrfürchtig, wird zunehmend sehnsüchtiger und feuriger, wenn die Bläser nach und nach den Klang orgelgleich verstärken, bis - beinahe unmerklich - der Choral mit vollem Orchester erklingt. Nach etwa fünf Minuten wird eine schlichte kleine Coda zu diesem Thema erreicht, die sich allerdings unerwartet über schwebende Harmonien in ein weiteres, turbulenteres Tutti weitet. Eine Reihe kurzer Episoden - ein tastender Horn-Choral, unruhig pulsierende Klarinetten, ein synkopiertes, sorgfältig als fugato ausgearbeitetes Streichermotiv - führen zu einem kraftvoll hämmernden Höhepunkt. Hohe Streichertremolos, von Bläsern gestützt, versuchen dann einen verminderten Septakkord über einer ostinaten fes-b-Quinte der Pauken und Pizzicato-Bässe zu halten - wo führt das hin? Zu einer Überraschung: Ein sanfter "neuer" Choral im Viervierteltakt - für volle Bläser, obwohl das ungeübte Ohr nur Blechbläser hört - beendet den Satz in gemessen friedvoller Hingabe.
     Das folgende Scherzo führt uns in unerwartete Sphären. Ins herzhaft rustikale Hauptthema fährt gebieterisch eine Fanfare, der die Streicher mit sanfteren Walzeranklängen antworten. In den Geigen wird daraus, von pochenden Klarinetten unterstützt, eine verschleierte Walzerbeschwörung, die zum ziemlich kurzen "offiziellen" Trio führt, das von einer Solovioline eingeleitet wird. Die Trompeten nehmen das Scherzo-Thema wieder auf, gleich einer Standardreprise, jedoch in Des- statt im erwarteten C-Dur; es durchläuft einige rasche chromatische Verwandlungen und gipfelt in einer markigen Passage für volles Orchester (Mit aller Kraft). Nach einer weiteren kurzen Reminiszenz folgt ein gespenstischer Walzer der Solovioline, die von den Pizzicato-Streichern nur minimal unterstützt wird. Die folgenden Passagen stellen phantasievoll verschiedene Teile des Hauptthemas kontrapunktisch nebeneinander; die Bässe beginnen eine Fuge ("Wild") und schrauben sich immer höher zu einem Fast-Tutti-Klang. Schließlich führt ein überraschend zersplittertes, von tiefen Hörnern über standfesten Bässen gespieltes Thema zu einem rauschenden, beinahe halsbrecherischen Schluß.
     Geheimnisvolle Pizzacato-Bässe eröffnen das strukturell schwer einzuordnende Finale. Nach einer Reminiszenz von Motiven aus den früheren Sätzen à la Beethovens Neunter, intoniert die Oboe ein klagendes Thema, das in den anderen Holzbläsern fugato ausgearbeitet wird, woraus sich ein grandioser Höhepunkt aufbaut, wenn Fanfaren auf bronzenen Hörnern erschallen. Nun singen die Streicher eine breite, aufsteigende Melodie zu einer pulsierenden Begleitung; die schweren Blechbläser intonieren darauf pianopianissimo einen Choral, über Streichertremolos. Die komplette Episodenfolge bildet in der Tat eine ausgedehnte Introduktion für das Hauptanliegen des Satzes: ein affirmatives Streicherthema über kräftig schreitenden Bässen, im Tutti stolz wiederholt. In der folgenden Etwas belebter-Passage unterbrechen seltsame Punktierungen in den Blechbläsern die kräftigen Figurationen der Streicher, übernehmen bald unheilverkündend die Führung und leiten einen Tutti-Choral ein, der mit Streichern und Hörnern in raschem, fanfarenähnlichem Kontrapunkt aufflammt. Nach einer dick unterstrichenen "Halbkadenz" in H, beginnen die Hörner, angetrieben von schnarrenden Bässen, leise eine Fuge über das kräftige Hauptthema, welches, von kurzen martialischen Ausbrüchen unterbrochen, den Großteil des restlichen Satzes trägt. Fließend wogende Hornakkorde gewähren kurzen Aufschub vor der finalen Zusammenfassung; die Coda, die das Kadenzmotiv des ersten Satzes einschließt, führt uns zum Anfang zurück.

Teil 2


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